Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

(Krebs, Entzündung, Operation, Nachsorge, Verdauung, Ernährung, Diabetes, Reha, Recht ...)

Hier haben Sie als Betroffene(r) und/oder ratsuchende(r) Besucher(in) dieser Plattform die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen oder Hilfestellung zu geben.
Antworten
Adam
Beiträge: 3
Registriert: 16. Februar 2021, 19:52

Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

Beitrag von Adam »

Liebe Foren-Gemeinde.

Erst einmal ein großes Lob für dieses Forum bzw. für die Teilnehmer, egal als Betroffener oder unmittelbarer naher Familienangehöriger, Freund/in etc., da man sich hier mitteilen und oder wertvolle Ratschläge, Tipps, Verständnis usw. holen kann. Auch wenn ich hier erst seit ca. 1,5 Jahren mitlese, so konnte ich selber schon einige wertvolle Hinweise erhalten. Jetzt schon ein großes Dankeschön hierfür. So nun zu meiner konfusen Geschichte:

Mir männlich, 56 Jahre alt, 87 kg, schwer, schon immer Nichtraucher und auch mit regelmäßigem Sport, wurde 2014 die Gallenblase wegen einem blaubeeren großen Gallenstein entfernt.
2017 bin ich zu dem Professor (Gastroenterloge) vorstellig geworden, der bei mir die Gallenblasen-Operation durchgeführt hatte, da ich schon längerer Zeit vermehrt ein wiederkehrendes Ziehen und Brennen unter dem rechten Rippenbogen verspürte. Innerhalb weniger Tagen wurden bei mir ein CT, MRT MRCP und eine Endosonographie durchgeführt. In allen drei Fällen „ohne Hinweise auf Tumore, Entzündungen oder ähnliches“.

Nachdem ca. 1,5 Jahre später, Ende 2018, die Schmerzen weiterhin bestanden und auch zunahmen, sowohl in der Intensität als auch in kürzeren Zeiträumen (mehrmals wöchentlich), habe ich mich in einer anderen Klinik zur Endosonographie angemeldet. Der zuständige Professor, der die Untersuchung selbst durchführte, überreichte mir dann die Diagnose „Chronische Pankreatitis Cambridge 2“. Man muss dazu sagen, dass diese Klinik sich selbst bei Endosonographien mit einer hohen Kompetenz bezeichnet. Natürlich war ich aufgrund dieser Diagnosen zuerst völlig betroffen.

Als ich meinen Hausarzt davon berichtete hatte dieser Zweifel an der Diagnose und ließ zuerst ein Stuhl-Elastase-Test durchführen. Hier war der Wert > 500, also ohne Auffälligkeiten, das gleiche galt für das Blutbild. Zudem empfahl er mir ein Zweitmeinung einzuholen. Also begab ich mich Anfang 2019 in einer Uniklinik, die auch als zertifiziertes Pankreaszentrum gilt. Ich konnte dem zuständigen Professor meine Geschichte übermitteln, der danach ebenfalls eine Endosonographie durchführen ließ. Die Diagnose: „Kein Hinweis auf dem auswärtigen Befund einer chronischer Pankreatitis.“

Mein Hausarzt lies daraufhin noch ein MRT MRCP bei einem Institut durchführen, dass damals eins der neuesten Geräte in Deutschland betrieb. Der zuständige Arzt hatte mir dann nach der Untersuchung für ca. 15 Minuten sehr ausführlich den Befund auf dem großen Bildschirm erklärt, dass keine Hinweise auf einer CP oder noch kritischere Zustände zu sehen sind.

Natürlich war ich erst einmal beruhigt, aber zynischerweise nahm das Beschwerdebild in den Folgenmonaten weiter zu:
a. Tägliches ziehen und brennen überwiegend im rechtem Bauchraum, ausstrahlend, in unterschiedlichen Ausprägungen
b. Mal weniger stark, mal unerträgliches punktuelles Druckgefühl, rechtslastig unterhalb des Rippenbogens
c. Die gesamten Schmerzen beginnen in der Regel ca. 1 Stunde nach dem Aufwachen und steigern sich bis spät nachmittags bis zum Abend
d. Oftmals Blähungen
e. Seit ca. einem Jahr auch punktuelle Rückenschmerzen (mal nicht da -mal stärker) in der Höhe des Schmerzens von der Vorderseite

Also habe ich mich Ende 2019 nochmals in einer weiteren Klinik begeben. Nach Übermittlung meiner gesamter Historie wurde auch hier eine Endosonographie durchgeführt: Ergebnis: „Kein Hinweis auf eine CP“. Auch eine zusätzliche Magenspiegelung brachte bis auf eine geringgradige Gastritis keine weiteren Erkenntnisse. Original-Zitat des untersuchenden Professors: „Vergessen Sie eine CP, die haben Sie nicht…“

Im Sommer 2020 ging es mir dann komischerweise über einem Zeitraum von ca. 3 Monate relativ gut, da kaum Schmerzattacken. Zum Ende des Jahres 2020 wurden aber die täglichen Schmerzschübe wieder deutlich stärker. Da es Anfang Januar diesen Jahres noch schlechter wurde, bin ich zu einem Gastroenterlogen gegangen, der meine Historie nicht kennt, um eine unvoreingenommene Meinung einzuholen. Er nahm mich sehr ernst und führte eine umfangreiche Sonographie durch (ohne Befund), Blutwerte z.B. Leberwerte, CRP, Amylase alles im Normbereich, einzig die Lipase waren bei 70 leicht erhöht und die Stuhlelastase (>500) auch OK. Seine Diagnose lautete kurz übersetzt: „Kein Hinweis auf nichts“. Einerseits freute mich das natürlich, andererseits zerren diese permanenten und mittlerweile täglichen Schübe richtig an die Nerven, die jetzt bei mir jetzt sogar völlig runter sind.

Was spricht aber aus meiner Sicht für eine CP ?
Ca. 10 jähriger, fast täglicher Alkoholkonsum von 2007-2015 in Form von Wein, auch bis 2015 maximaler brutaler beruflicher Stress, sehr häufiges hastiges essen.
Mittlerweile tägliche und zigfache Schmerzschübe in unterschiedliche Ausprägungen, kaum beeinflussbar durch Schmerzmittel wie Buscopan oder Novalgin.

Was spricht (wahrscheinlich) gegen ein CP ?
• Keine Durchfälle (jeden Tag normaler Stuhlgang)
• Kein Fieber
• Keine Übelkeit
• Keine Gewichtsabnahme
• Kein Gürtelschmerz
• Kein Nachtschweiß
• Bis auf eine Ausnahme in der Bildgebung keine Hinweise einer CP

Sorry für diese epische Länge und ich will auch ausdrücklich niemandem hier zu Nahe treten, den es deutlich schlechter getroffen hat.
Aber damit habe ich so ziemlich alles geschildert. Diese Ungewissheit und die täglichen zunehmenden Schmerzausschläge bringen mich an die nervliche Belastungsgrenze. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Meinen Job kann ich nur noch unter größter Mühe durchführen.
Für jeden Hinweis, Tipp, Ratschlag oder ähnliches bin ich mehr als sehr dankbar. Beantworte natürlich auch Fragen.

Lieben Dank
Adam
Andi
Beiträge: 865
Registriert: 15. Februar 2011, 20:42

Re: Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

Beitrag von Andi »

Hallo Adam,
schön das du den Weg zu uns ins Forum gefunden hat.
Eine umfangreiche Bildgebung hast du ja bereits hinter dir, leider helfen diese Ergebnisse dir momentan nicht viel weiter, außer das man einiges ausschließen kann.
Ich denke eher eine chronische Pankreatitis ist nicht die Ursache deiner Beschwerden, einiges paßt nicht dazu, bei fortwährenden Entzündungsschüben des Pankreas wäre die Elastase unten.
Sind die Beschwerden ernährungsabhängig?
Man könnte noch paar Unverträglichkeiten testen.
Schilddrüse und Cholesterin sind oke?
Seit wann sind die Beschwerden?, hat es evtl. Mit der Entfernung der Galle zu tun?

Lg Andi
wasistes
Beiträge: 781
Registriert: 7. Februar 2018, 13:06

Re: Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

Beitrag von wasistes »

Willkommen im Forum.
Ich könnte mir vorstellen, dass durch die Entfernung der Gallenblase dein Verdauungstrakt in Mitleidenschaft geraten ist.
Für mich schildert sich deine Schmerzbeschreibung eher als sekundär zusammenhängend mit dem Pankreas oder Organen die in irgendeiner Form die Verdauung beeinflussen können. Sprich, für mich könnten deine geschilderten Beschwerden möglicherweise im Zusammenhang mit einer gestörten Darmflora stehen. Dafür spricht das zeitliche Auftreten deiner Beschwerden (nachts, vermutlich einige Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme).
Dyspepsien jeglicher Art bzw. Störungen bei der Verdauungsleistung (EPI oder verminderte Gallensekretion) führen zu einer unvollständigen Verdauung von Nahrungsmittelbestandteilen. Diese Gelangen durch den Dünndarm und schließlich in den oberen Dickdarm, der dann einen Knick etwa in Höhe des rechten Rippenbogens macht.
Bakterienkulturen stürzen sich hier auf unverdaute Bestandteile des Speisebreis und das führt in der Regel zur Bildung starker Verdauungsgase (Meteorismus). Die Folge sind ein Blähbauch, häufig als ziehende oder stechende beschriebene Schmerzzustände, sowie in Folge von Verspannungen und gestörter Darmmobilität auch Durchfälle.

Generell lässt sich feststellen, das Erkrankungen des Pankreas aber auch häufig durch Gallensteine oder kleinere Konkremente (Sludge) ausgelöst werden können.
So oder so, glaube ich das auch eine fehlende Gallenblase zu Problemen in der Verdauungsleistung führen kann (erst Recht wenn der Eingriff nicht ganz "sauber" lief).

Was kannst du nun tun?

Ich denke unabhängig von der bereits veranlassten Diagnostik könntest du versuchen:

-Auszuschliessen ob du irgendwelche Nahrungsmittelunverträglichkeiten entwickelt hast. Viele hier haben z.b. Probleme mit Histaminhaltigen, Weizen oder Milchzuckern (Laktose oder Kaseinintoleranz). Hier hilft nur eine radikale Eliminationsdiät bzw. Ernährungstagebuch
-Probiotika (Bakterienkulturen wie Escherichia coli z.b.) um zu versuchen die Darmflora wieder zu stabilisieren, oder Perentherol für mindestens drei Wochen. Was hier auch helfen kann ist die SIBO /Sibecker Diät, radikaler Verzicht auf Zucker
-Präbiotika wie Flohsamenschalen, Akazienfasern zur Stuhlfestigung, Weisskohlextrakt oder Supplements die die Darmschleimhaut regenerieren können (z.b. L Glutamin)
-Ergänzungsmittel die die Verdauungsleistung unterstützen, Pankreasenzyme wie Kreon, Berberin, Papain, Bromelain oder Mariendistel (Sylmarin)
-Gallensäure-Derivate wie UDCA (Ursodeoxycholsäure) oder TUDCA um die fehlende Gallenblase auszugleichen

Alles Gute!
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

Albert Einstein
Adam
Beiträge: 3
Registriert: 16. Februar 2021, 19:52

Re: Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

Beitrag von Adam »

Hallo Andi, Hallo wasistes,
vielen Dank für eure Hinweise, die mich etwas beruhigt haben. Es gibt tatsächlich einen (kleinen) zeitlichen Zusammenhang zwischen der Entfernung der Gallenblasen (Ende 2014) und Beginn der Odyssee (Anfang 2016), wobei tatsächlich ein kleines und unregelmäßiges Ziehen und Brennen schon kurz nach der Operation auftraten.

Bei der umfangreichen Magenspiegelung 2019 wurde folgendes festgestellt: „Deutlich herabgesetzte Laktase(enzym)produktion in der Dünndarmschleimhaut, so das eine Laktoseintoleranz vermutet wird“. Weiter heißt es „ eine glutensensitive Sprue/Zöllakie sowie eine Histaminintoleranz kann erfreulicherweise ausgeschlossen werden.“ Von daher nehme ich keine lactosehaltigen Produkte (Milch, Sahne, Yoghurt etc.) mehr ein. Allerdings werde ich das von euch empfohlene Thema „Präbiotika wie Flohsamenschalen“ aufgreifen.

Die genannten „Gallensäure-Derivate wie UDCA (Ursodeoxycholsäure)“ hatte ich auch mal gegoogelt und den Gastroenterologen darauf angesprochen. Er meinte aber, „das ist aber nicht ihr Problem“. Zudem meinte er das die Lactose-Intoleranz "wahrscheinlich erworben“ wurde und die Schmerzen aber davon nicht rühren können.
Aber wie gesagt, an Durchfälle leide ich (bisher) auch nicht.

Mein TSH-Basal-Wert lag bei 0,69 (Referenzwert zwischen 0,27 und 4,20) und mein Cholesterin-Wert lag bei 184 (Referenzwert <200). Anscheinend also OK.
Bei allen bildgebenden Verfahren wurde bestätigt, dass die Gallengänge Stein- bzw. Konkrementfrei sind. Aber alle haben auch den bei mir sehr ausgeprägten Meteorismus festgestellt.

Wie gesagt, dass Hauptsymptom ist ein enorm ziehendes und brennendes Gefühl, auch manchmal mit einen unerträglichen Druck. Das ganze klar rechtslastig und relativ punktuell, wenn auch ausstrahlend. Vielleicht noch ein Hinweis: Meine Osteopathin konnte die Stelle nach etwas Mühe nahezu erreichen und meinte, diese wäre nach ihrer Auffassung etwas unterhalb des Leber.

Bin nach wie vor interessiert an weiteren Einschätzungen und/oder Ratschläge.
Vielen Dank.
Adam
Micha68
Beiträge: 1
Registriert: 11. Januar 2020, 12:26

Re: Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

Beitrag von Micha68 »

Ich lese deine Geschichte wie meine. Ich habe seit 2017 Schmerzen unter dem rechten Rippenbogen, die sich bis in den Rückenbereich, mittig, hinziehen. Beim Sitzen ein Brennen im Bauchraum. Im Rückenliegen Rückenschmerz. Kein extremer Schmerz, aber nervend. Also bin ich auch zum Gastro...
Ergebnis chron. Pankreatitis Cambridge 1. Zusätzlich Fettleber und Vorstufe Diabetis Mel. Typ 2.
Seitdem nehme ich täglich Metformin und gehe jährlich zur Gastrosono. Leber (Ggt) und Zuckerwerte werden besser, BD bleibt bei Cambridge 1. Schmerzen sind meines Erachtens ein bisschen weniger geworden...
Fazit des Gastros: Cambridge 1 tut nicht weh, es ist aber möglich, dass der Druck der Fettleber im Zusammenspiel mit der BD Schmerzen auslösen kann.
Zwischendurch wurde durch meinen Hausarzt, mit den Worten: Cambridge 1 habe er wahrscheinlich auch, das Problem als psychosomatisch eingestuft. Außerdem gehe ich seit 3 Jahren erfolglos in die Ostseopathie...
Ich bin also nach 4 Jahren auch nicht wirklich weiter.
Stuhl ist normal, Urin ist hell, kein Fieber, Gewicht: 88 kg konstant
Adam
Beiträge: 3
Registriert: 16. Februar 2021, 19:52

Re: Chronische Pankreatitis oder Fehldiagnose ? Und was dann ?

Beitrag von Adam »

Hallo Micha68,

vielen Dank für dein Hinweis. Ich war jetzt letzte Woche noch einmal bei meinem Gastroenterologen. Habe ihn auf ein "mögliches" Leberproblem" hingewiesen. Daraufhin hat er sich sehr umfangreich per Ultraschall nochmals meine gesamte Organe angeschaut und siehe da, auch ich habe eine Fettleber 1.Grades. Er sagte aber gleich, dass meine geschilderten Schmerzen nicht so richtig darauf passen würden. Ich habe ihn aber nochmals darauf angesprochen, dass der vordere rechtseitige Druckschmerz zwar unterschiedlich intensiv, aber oftmals unerträglich ist. Dazu kommt der punktuelle Rückenschmerz, auf der selben Höhe wie vorne, also etwas rechtslastig der Wirbelsäule. Auch dieser ist im Laufe der Zeit stärker geworden. Von daher wollte er die Bauchspeicheldrüse nicht völlig ausschließen. Er schlug mir jetzt noch einmal eine Magenspiegelung mit anschließender Endosono vor. Vermutlich nehme das ich den Vorschlag an.

Die Schmerzen sowohl hinten als auch vorne sind aber definitiv heftiger geworden sodass ich mir sogar mittlerweile ernsthafte andere Gedanken mache. Wäre der Ultraschall nicht gewesen, würde ich mich jetzt sogar völlig verrückt machen. Ich leide eh schon ordentlich.....
Antworten